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Herbstexkursion 2018 nach Bernburg



Für Sonnabend, den 20. Oktober, hatte der Berichterstatter wieder eine Exkursion vorbereitet. Es sollte seine letzte, die 26., werden. Das Ziel war die Stadt Bernburg, wo uns interessante denkmalpflegerische Maßnahmen der jüngsten Vergangenheit erwarteten.

Der vollbesetzte Bus hielt in Bernburg vor der Schlosskirche, wo wir von Herrn Pfarrer Baier empfangen wurden. Diese von der Landes- und Schlossgeschichte geprägte Kirche erschließt sich in ihrer äußeren Form erst bei näherem Hinsehen und der kundigen Erläuterung, die uns von Herrn Baier gegeben wurde. Der romanische Chor der Vorgängerkirche ist an der Apsis und den Rundbogenfenstern deutlich erkennbar. Er gehörte zur Stadtkirche der Bergstadt. Auch im Schloss gab es eine romanische Kirche, die wegen der zunehmenden Bedeutung als Residenz der Fürsten - später Herzöge – von Anhalt-Bernburg aufgegeben wurde und verfiel, von der im Schloss noch Reste zu sehen sind. Der heutige barocke Bau der Schlosskirche, mit querhausartigen Flügeln im Osten und Westen, wurde 1752 errichtet und später vielfach verändert vor allem in seinem östlichen Raumabschluss. Mit der Installation einer künstlerischen Ausgestaltung durch den Hallenser Künstler Moritz Götze hat die Kirche heute einen touristischen Anreiz zur Besichtigung bekommen. Zu dieser Gestaltung in einem Baudenkmal gibt es eine Reihe von Fragen, vor allem zu denkmalpflegerischen Gesichtspunkten, die zu besprechen gewesen wären, doch dazu reichte die Zeit leider nicht aus. Vielleicht ließe sich eine Diskussion dazu in Halle organisieren.

Am Weg zum Schloss wurde uns ein Besuch der ehemaligen fürstlichen Reitbahn, dem heutigen Rathaus 2 dankenswerterweise ermöglicht, trotz des arbeitsfreien Sonnabends und

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In der Schlosskirche mit den Bilern von Moritz Götze

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Ehemalige Reitbahn

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Wandgestaltung im Flur der Reitbahn

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Treppengeländer

durch das Entgegenkommen des Hauptamtleiters, Herrn Hohl. Der langgestreckte Barockbau wurde 1924 zum Verwaltungsgebäude umgebaut und darin die öffentlich zugänglichen Räume durch den Hallenser Maler Richard Degenkolbe künstlerisch gestaltet. Das rekonstruktiv wiederhergestellte Aussehen dieser Räume hat bei uns allen begeisterte Zustimmung bekommen.

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Schloss mit Wolfgang- und Johannbau

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Freilegung im Wolfgangbau

An den Gebäuden des ausgedehnten Schlosses wird seit Jahrzehnten gearbeitet. 1967 kam es zu ersten Überlegungen, mit dem Ziel, das gesamte Schloss nach und nach zu sanieren und hier ein Kultur- und Bildungszentrum einzurichten. Die Arbeiten begannen 1969 am ältesten Teil des Schlosses, der sich an das Tor und den so genannten Blauen Turm anschließt, in dem ein Museum eingerichtet wurde. Nach dieser Sanierung, einer Wiederherstellung der Gartenterrassen oberhalb des Saaleufers und kleinerer Maßnahmen kam das geplante Vorhaben zum Erliegen, denn die großen Renaissancebauten waren zumeist von Verwaltungen belegt.
Inzwischen gehört das Schloss zum Gebäudebestand der Kulturstiftung des Landes Sachsen-Anhalt, von dem wichtige Teile der Renaissancezeit leer stehen. Am Nordflügel mit dem Wolfgang- und dem Joachim-Ernst-Bau sind außen Erkerbauten vollständig ab- und wieder aufgerichtet worden – eine bewundernswerte Leistung. Im Wolfgangbau wurden den Rohbau vorbereitende Maßnahmen abgeschlossen, mit zahlreichen freigelegten Originalbeständen und komplizierten statischen Gegebenheiten. Für den Gebrauch dieser Gebäude gibt es noch kein Konzept.

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Utluchten am Saalegiebel des Wolfgangbaus

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Uns wurden die aufwendigen Sanierungsmaßnahmen in sehr anschaulicher Weise von den beiden Architekten Jüttner und Schwesinger des Architekturbüros CUBOIDOO aus Halle vorgestellt, was wir mit einem besonderen Dank bedacht haben.
Nach einem Hinweis auf den Eulenspiegelturm, dessen Neuverputz nicht so recht zu dem romanischen Bau passen will und zu dessen Aufnahme in die „Straße der Romanik“ skeptische Fragen gestellt wurden, zeigten uns die beiden Herren noch die Terrassengärten, von denen aus die beiden erneuerten „Utluchten“ besonders gut zu bewundern waren.

Auf dem Weg durch die Bergstadt hinunter zum Saalplatz, mit Hinweisen auf das Rathaus von 1895 und das Schauspielhaus von 1881/82, konnten wir die lückenlos und weitgehend

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Weg durch die Bergstadt

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Das Alte Rathaus

erneuerten Straßenzüge beobachten. Dabei wurden wir besonders auf bauliche Zutaten,
z.B. Erker und Türmchen hingewiesen, die Eckgebäude besonders betonen, jedoch da, wo sie nicht erhalten sind, bei genauerem Hinsehen als Verlust wahrgenommen werden.

Damit sollte das nächste Besichtigungsziel auf dem Saalplatz am Fuße der Bergstadt vorbereitet werden. Eine den Platz prägende Gebäudegruppe befand sich in einem

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Gebäudegruppe am Saalplatz

beklagenswerten Zustand. Mit der ausgeführten Planung des Architekturbüros CUBOIDOO ist es in bemerkenswerter Weise gelungen, diese städtebauliche Situation unmittelbar am Saaleübergang und am Beginn der in die Bergstadt hinaufführenden Geschäftsstraße zu bereinigen. Drei erhaltene Altbauten und zwei Neubauten als Lückenschluss wurden im Hofgelände durch einen zentralen Treppen- und Aufzugsbau mit einander verbunden. Der die dominante Ecke betonende Turm des gründerzeitlichen Hauses hat seinen alten oberen Abschluss wieder bekommen. Mit besonderer Anerkennung wurde auf die verständnisvolle Mitwirkung des Bauherrn hingewiesen.

An das Mittagessen in der Gaststätte „Alter Markt“ schloss sich der Rundgang durch die Talstadt an, die während der DDR-Zeit sehr gelitten hat und in der Gebäudelücken vor allem in der Breiten Straße noch nicht wieder durch Neubauten geschlossen werden konnten. Den ersten Halt machten wir vor dem Ostchor der Marienkirche, einem Prachtbau in den Formen der halleschen Schule des Conrad von Einbeck.

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Marienkirche von Westen

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Wir alle im ehemaligen Servitenkloster

Ein kurzer Abstecher führte uns zum ehemaligen Servitenkloster, wo in der neben der Kirchenruine erhaltenen Klausur eine Dependance der Hochschule Anhalt untergebracht ist. Unser nächstes Ziel war die Nikolaikirche, die mit ihrer wechselvollen Baugeschichte 1965 von der katholischen Kirchengemeinde übernommen und für ihren Gebrauch unter Leitung der damaligen Arbeitsstelle Halle des Instituts für Denkmalpflege umgestaltet wurde.

Vor der Kirche bestiegen wir wieder den Bus und fuhren an der bedeutenden Waldauer Flutbrücke vorbei, die, "erst" 1786/87 anstelle von Vorgängerbauten errichtet, hinterlässt mit ihren zahlreichen Bögen dennoch einen mittelalterlichen Eindruck. Ich habe ihre Funktion bei einem Hochwasser selber erlebt. Weiter ging es hinauf in das Dorf Waldau, oberhalb der Stadt,

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Romanische Kirche Waldau

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In der Kirche von St Stephanus

zur kleinen romanischen Dorfkirche, die zur Straße der Romanik gehört. Sie zeigt sich in einer für diese Zeit typischen und sehr gut erhaltenen äußeren Form mit quergelagertem Turm, dem Gemeinderaum, Chor und Apsis. Leider hat dieses Denkmal durch die Eindeckung mit industriell gefertigten Dachziegeln sehr viel von ihrem Charme verloren. Die Umgebung war ein guter Ort für unser traditionelles Kaffeepicknick.

Zum Abschluss der Exkursion machten wir Halt am Wasserkraftwerk gegenüber vom Schloss, um bei strahlendem Sonnenwetter den Blick auf dieses einmalige Gebäudeensemble zu genießen.

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Am Wasserkraftwerk

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Blick zum Schloss oberhalb der Saale




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Gotthard Voß
Landeskonservator i.R.