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Herbstexkursion nach Köthen am 9.Oktober 2010

Warum in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so nah!

Als uns der Rundbrief des Vorstandes über das Ziel der diesjährigen Herbstexkursion erreichte, dachten wir: Köthen mit dem Schloss und seinem Spiegelsaal kennen wir doch schon. Hahnemann und das Naumannmuseum sind uns ein Begriff. Was soll da an Denkmälern noch sehenswert sein?

Aber weit gefehlt.

Nach entsprechend kurzer Busfahrt empfing uns Köthen bei sonnigem Herbstwetter. Bereits 1115 wird es erstmals als deutsche Stadt erwähnt und hat heute ca. 28.600 Einwohner. Am Halleschen Turm, einem Teil der mittelalterlichen Stadtmauer, wurden wir von Frau Freitag von der Unteren Denkmalschutzbehörde erwartet, die uns auf unserem Rundgang durch die Stadt und zu den Kirchen fachmännisch begleitete.

Vortragsraum

Ratssaal

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Rathaus

Erstes Besichtigungsobjekt war das 1898 von den Berliner Architekten Reinhardt und Süßenguth entworfene Rathaus. Das prächtige Gebäude ist der vierte Rathaus-Bau an dieser Stelle und für eine Kleinstadt ungewöhnlich groß. Vom Stellvertretenden Oberbürgermeister, Herrn Neumann, wurden wir in den beeindruckenden Ratssaal mit seiner größtenteils original erhaltenen hölzernen Ausstattung geführt. Erwähnenswert sind die vielen Stadtwappen und die Ornament -Verglasung mit Sinnsprüchen wie z. B.: „Viel reden und wenig damit sagen, davor mögt gütlich uns bewahren.“ Der städtebauliche Rahmenplan umfasst ein 38 Hektar großes Sanierungsgebiet, in dem heute bereits vieles umgesetzt worden ist. Aus Zeitgründen konnten wir nicht den Blick vom Rathausturm auf die Stadt genießen.

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Blick auf das Wohnhaus von Samuel Hahnemann

Im Anschluss daran gab Herr Thote vom Hahnemann - Lutze - Verein einen Überblick über die städtischen Aktivitäten zur Erhaltung des Erbes von Samuel Hahnemann, dem Begründer der
Homöopathie. Der berühmte Einwohner der Stadt forschte und praktizierte von 1821 bis 1835 in Köthen. Das Erbe Hahnemanns übernahm Dr. Lutze. In Hahnemanns ehemaligem Wohnhaus befindet sich heute wieder eine homöopathische Praxis. Mit der Gründung einer „Homöopathie und Wissenschafts GmbH“ versucht die Stadt, unterstützt durch den Verband homöopathischer Ärzte in Deutschland, der seit 180 Jahren dauerhaft besteht, auf diesen Teil ihrer Geschichte aufmerksam zu machen und damit Touristen zu werben.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Besichtigungen waren die drei Kirchen der Stadt:
Die spätgotische Hallenkirche St. Jacob auf dem Rathausplatz fällt durch ihre beiden majestätischen Türme besonders ins Auge. Sie sind 75 m hoch und damit auch die höchsten Kirchtürme Sachsen-Anhalts. Die Kirche stammt aus dem 15.Jh. die Zwillingstürme von 1895. Aus dem Mittelalter ist von der Bauplastik nichts erhalten geblieben. Unter dem Chor befindet sich die Fürstengruft. Nach der Wende wurde das Gotteshaus aufwändig restauriert.

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Bach - Kirche

Die St. Agnus - Kirche entstand am Ende des 17.Jh. im barocken Baustil. Sie wird auch Bach-Kirche genannt, da hier Johann Sebastian Bach als Gemeindemitglied eingetragen war. Er wohnte vermutlich am Schlossplatz Nr. 2. Eine Tätigkeit als Organist ist nicht nachweisbar. Fürst Leopold aber hatte Bach die Leitung der Hofkapelle übertragen. In der Mitte des 19. Jh. erhielt die Kirche den jetzigen Flügelaltar. Anfang des 20. Jh. wurde der Innenraum im klassizistischen Stil vereinfacht und in den 60er Jahren die zweite Empore entfernt. Selbst die barocke Orgel ist 1872 durch eine neue ersetzt worden. In der Schlosskirche St. Marien informierte uns der Pfarrer über das klassizistische Bauwerk, das 1826 bis 1832 für den letzten Herzog von Anhalt-Köthen, der zum Katholizismus übergetreten war, vom Architekt Bandhauer errichtet worden war. Es diente als Hof- und Pfarrkirche sowie als Grablege. Auf dem quadratischen Fundament hatte Bandhauer einen Turm geplant, dessen Gerüst aber beim Bau einstürzte und die Kirche so turmlos blieb. Charakteristisch sind das Tonnengewölbe, mit dem ein Langhaus-Eindruck erzielt wird, und die sog. Thermenfenster, die sich in anderen von Bandhauer errichteten Gebäuden in Köthen wie dem Bahnhof wiederfinden lassen. Nach der Sanierung 2008/09 ist der Innenraum in schlichtem Hellgrau gehalten.

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St. Maria Himmelfahrt

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St. Maria Himmelfahrt Innenansicht

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nicht gebauter Turm

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Europäische Bibliothek für Homöopathie

Ein Anziehungspunkt für Interessenten ist die Europäische Bibliothek für Homöopathie. Sie befindet sich im restaurierten Spital des Klosters der Barmherzigen Brüder in der Wallstraße, ebenfalls gebaut von Bandhauer. Heute besticht die gekonnte architektonische Verbindung zwischen historischer und neuer Bausubstanz. Durch das Kommunikationszentrum, das auch international an Bedeutung gewinnt, führte uns deren Leiterin Frau Radtke. Das Gebäude ist Bestandteil des Projektes der Internationalen Bauausstellung 2010 in Sachsen-Anhalt.

Die letzte Station unserer Exkursion war das noch in Teilen restaurierungsbedürftige Schloss, im Mittelalter als Wasserburg außerhalb der Stadtmauer gebaut. Über Jahrhunderte prägte das Schloss der Fürsten von Anhalt-Köthen das Bild der Stadt. Uns war aus Zeitgründen nur die geführte Besichtigung des prächtigen Spiegelsaales mit ca. 1000 Spiegeln an den

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Eingangstor zum Schloss

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Der Spiegelsaal mit etwa 1000 Spiegeln

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Theater im Schlossgarten

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Schlosskapelle

Wänden und die barocke Schlosskapelle möglich. Auf der Orgel der katholischen Kapelle durfte übrigens der Lutheraner J. S. Bach nicht spielen. Der ebenfalls von Bandhauer ausgebaute Spiegelsaal wird in den kommenden Monaten zur Sanierung geschlossen. Veranstaltungen der Bachgesellschaft und der wieder gegründeten „Fruchtbringenden Gesellschaft zur Reinhaltung der deutschen Sprache“ finden dann in der ehemaligen herzoglichen Reithalle statt, die 2008 zum Veranstaltungszentrum umgebaut wurde. Das Herzstück dieses neuen Ensembles bildet der J. S. Bach-Saal für max. 480 Personen. Auch wenn uns nicht alle gebotenen Informationen im Gedächtnis bleiben, so nehmen wir doch von Köthen den unerwarteten Eindruck mit, wonach es engagierten Bürgern gelungen ist, der Innenstadt ein neues vorzeigbares Antlitz zu verleihen.

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Zum Abschluss fand wieder das schon zur Tradition gewordene Kuchen-Picknick im Schlosspark statt.


Elke und Jürgen Becker


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