Frühjahrsexkursion 2015
Frühjahrsexkursion des Denkmalvereins in das Dreiländereck Thüringen, Hessen und Bayern am 30. und 31.Mai 2015
Für die zweitägige Frühjahrsexkursion hatte unser Reiseleiter, Herr Gotthard Voß, Sehenswürdigkeiten im südwestlichen Zipfel Thüringens und im angrenzenden Bayern ausgesucht.
Stationen waren Bibra in der Gemeinde Grabfeld, Römhild
und Schmalkalden in Thüringen und Ostheim vor der Rhön in Bayern.
Als erstes besuchten wir die Burg Bibra, ein fränkisches Kastell der Familie derer von Bibra. Die in sich geschlossen wirkende Anlage mit eigener Kapelle ist mehrfach
zerstört und
Burg Bibra bei Römhild (Thüringen)
Patronatskirche St. Leo in Bibra
immer aufgebaut worden. Sie ist in ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte mit nur einer Ausnahme immer von der Familie bewohnt und erhalten worden. Freifrau von Bibra und deren Tochter gaben uns einen anschaulichen Einblick in die Historie
der Burg, zu der ursprünglich mehrere Nebenburgen gehörten. Nach Rückübertragung des Eigentums nach der Wende, Fördermitteln, zinslosen Darlehen von Unterstützern und enormen Optimismus wurde die Burg wieder bewohnbar und nun für kirchliche
Kurse hergerichtet, um Einnahmen für die denkmalgerechte Restaurierung zu erwirtschaften.
Die Familie war auch Bauherr der Patronatskirche St. Leo, die in der kurzen Zeit von 1494 bis 1505 errichtet worden ist. Besonderer Erwähnung
bedürfen ein Kruzifix sowie drei Flügelaltäre aus der Werkstatt Tilman Riemenschneiders. Es können heute auch wieder Wandmalereien aus der Zeit der Kirchenerbauung bewundert werden.
Die Kleinstadt Römhild (ca. 7000 Einwohner) an
der thüringisch-bayrischen Grenze war zweite Station unserer Reise. Im Grundriss oval, mit einer Stadtmauer umgeben, erlebte der Ort im 15. Jh. seine Blütezeit durch das Geschlecht der Henneberger, die ein Schloss im spätgotischen Stil,
genannt Glücksburg, errichteten. Anlass für den Besuch der Stadt war die dreischiffige Stiftskirche St. Marien aus dem 15. Jh.
Innenhof von Schloss Römhild
Innenansicht der Stiftskirche St. Marien in Römhild
Hier verewigten sich die Henneberger durch zahlreiche Bronzefiguren in Ritterrüstungen, auf Löwen stehend, wodurch ihr Herrschaftsanspruch zum Ausdruck kommen sollte. Zwei der Grabmäler stammen aus der Nürnberger Vischer-Werkstatt, für die
Kunstgeschichtsforschung von besonderem Interesse.
Am Nachmittag des ersten Reisetages erreichten wir Ostheim vor der Rhön (etwa 3400 Einwohner) mit der größten und schönsten deutschen Kirchenburg. Ostheim wird 804 erstmals urkundlich erwähnt. Die Burg mit ihrer 4 bis 6 m hohen
Außen- und der 6 bis 8 m hohen Innenmauer wurde als Flieh- und Fluchtort gegen vielerlei Überfälle marodierender Soldaten und Ritter errichtet. In der Mitte der Burganlage steht die Michaeliskirche, deren Hauptschiff zwischen 1615 und
1620 im Renaissance-Stil mit barocken Elementen gebaut worden ist.
Für die Schutzsuchenden standen im Burggelände Wohnkeller, sog. Gaden, zur Verfügung, von denen 72 erhalten sind und heute noch 10 % genutzt werden.
Kirchenburg in Ostheim vor der Rhön (Bayern) mit Ecktürmen und doppeltem Mauerring
Gaden (Wohnkeller) für in der Kirchenburg Schutz suchende Familien
Michaeliskirche in der Kirchenburg
Innenhof des Schlosses Wilhelmsburg in Schmalkalden (Thüringen)
Zum Abschluss der Kirchenführung wurde uns auf der 1738 erbauten Orgel ein interessantes Konzert gegeben, bei dem uns die Klangvielfalt des Instruments erneut demonstriert wurde.
Das Hotel KAAK in Ostheim ermöglichte eine geruhsame
Nacht und wir wurden mit einem vortrefflichem Frühstück verwöhnt.
Bei Sonnenschein durch das frische Grün des Thüringer Waldes begann der 2.Reisetag mit einer Fahrt nach Schmalkalden (ca. 20.000 Einwohner). Erstes Ziel war das
oberhalb der Stadt gelegene Schloss Wilhelmsburg, eine Geviertanlage im Spätrenaissance-Stil des Thüringer Landgrafen Wilhelm IV., in nur fünf Jahren errichtet (1585-1590). Ursprünglich vier-, heute dreietagig, verfügt die Anlage nicht
über inständige Treppenhäuser. Die Türen und Fenster sind durch verspielte Ornamente eingerahmt. Ende des 19.Jhs. gründete der Henneberger Geschichtsverein im Schloss ein Renaissance-Museum.
In der Schlosskapelle mit der für Thüringen
in dieser Zeit typischen Übereinander-Anordnung von Altar, Kanzel und Orgel ist als Besonderheit das in den Altar eingebaute Taufbecken zu nennen. Zum Abschluss wurde uns ein zweites Orgelkonzert auf einem der ältesten noch bespielbaren
Instrumente mit nur 352 Holzpfeifen zu Gehör gebracht (u. a. ein Stück von Händel). Anlässlich der Landesgartenschau in Schmalkalden waren auch die Schlossterrassen restauriert worden.
Altarraum in der Kapelle des Schlosses Wilhelmsburg
Terrasse von Schloss Wilhelmsburg
Zweite Station unseres Stadtrundganges war die Stadtkirche St. Georg. Die vom Hallenser Künstler Charles Crodel gestalteten fünf Kirchenfenster in leuchteten Farben überraschen den Besucher beim Betreten des Gotteshauses.
Innenansicht der Stadtkirche St. Georg in Schmalkalden
Schmalkaldener Marktplatz
Die Exkursionsteilnehmer
Foto - Bernd Nagel
Letzter Halt unserer Exkursion war die am Fluß Schmalkalde gelegene „Neue Hütte“, ein Technisches Denkmal der Hüttenindustrie, in der wir eine sehr sachkundige Führung über ein uns weniger bekanntes Gewerk geboten bekamen. Auf der Basis der
örtlichen Rot- und Brauneisenerz-Vorkommen und des verfügbaren Holzes des Thüringer Waldes wurden in Schmalkalden schon vor mehr als 1000 Jahren die sogenannten „Schmalkalder Artikel“, d. h. Werkzeuge und andere Eisenwaren hergestellt.
Abstichraum des Hochofens
In dem Hüttengebäude, in Fachwerk-Bauweise 1835 errichtet und 1924 stillgelegt, mit seinem 11,30 m hohen Hochofen wurden täglich 10 t Eisenerz und 5 t Holzkohle bei 1400-1500 Grad zu Roheisen verarbeitet. Der hohe Mangan-Anteil ergab ein für
die Weiterverarbeitung gut geeignetes schmiedefähiges Material.
Im angrenzenden Grüngelände fand das schon zur Tradition gewordene Kuchen-Picknick als Abschluss der über 550 km führenden Exkursion statt.
Auf der Heimfahrt
Die unendliche Kuchenauswahl
Für die Vorbereitung und Durchführung der Tour erhielt der Organisator, Herr Voß, viel Beifall von seinen zufriedenen und dankbaren Mitreisenden.
Text und Fotos: Jürgen Becker
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