Exkursionen-Übersicht



Frühjahrsexkursion 2013



Unser Ziel war dieses Mal Bad Nauheim mit den Zwischenstationen Alsfeld und Bad Hersfeld



Start: 7:00 Uhr Abfahrt vom Hallmarkt. Vorher galt es noch Gepäck im Bus zu verstauen, nasse Regenschirme zusammenzufalten und, auf schönes Reisewetter hoffend, im Bus Platz zu nehmen. Das vom Vereinsmitglied Herrn Voß mit großer Sach- und Ortskenntnis erstellte stichwortartige Reiseprogramm machte alle neugierig, zumal die Mehrheit der Teilnehmer die ausgewählten Zwischenetappen der Exkursion ebenso wenig kannte, wie unser Ziel Bad Nauheim, an dem es um die Spurensuche zum frühen Schaffen des langjährigen und um Halle außerordentlich verdienten Stadtbaumeisters Jost gehen sollte. Schließlich war es maßgeblich der Sprudelhof, der als hochkarätige Referenz für seine Anstellung 1912 in Halle gelten sollte.

Erster Halt: Das hessische Städtchen Alsfeld, ca. 20 000 Einwohner, gelegen im nördlichen Vogelsbergkreis am Rand des Knüllgebirges und am Ufer der Schwalm. Die tausendjährige Stadt erwies sich als einzigartiges Kleinod. 1975 wurde das Städtchen durch den Europarat zur Europäischen Modellstadt erklärt.
Auf dem Spaziergang durch die herrliche liebevoll sanierte Fachwerkstadt eröffneten sich immer neue und überraschende Blickwinkel und Details, die durch sachkundige Bemerkungen von Herrn Voß noch mehr Tiefenschärfe erhielten. Herausragend die Walpurgiskirche und das Fachwerk- Rathaus. Selten gesehen und deshalb gleich ausprobiert, der Pranger.

Nicht weniger spannend waren aber auch jene Spuren, die den in den letzten Jahrzehnten vollzogenen Wandel der Auffassungen und der technischen Möglichkeiten hinsichtlich der denkmalspflegerischen Instandsetzung und Bewahrung alter Häuser erkennbar machten. Nachdem 1975 der Europarat die Stadt Alsfeld zur Europäischen Modellstadt erklärt hatte, wurden die meisten der 400 Fachwerkhäuser aus sieben Jahrhunderten restauriert. Allerdings wurden bei der Freilegung und Restaurierung der Fachwerkhäuser nicht selten durch die Verwendung ungeeigneter Holzfarben viele Fachwerkbalken beschädigt und müssen nun wieder restauriert werden.

Vortragsraum

Stadtbummel in Alsfeld



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Marktplatzansicht Alsfeld

Vom Mittagessen gestärkt und wohl wissend, dass wir auf der Rückfahrt nochmal einen Bummel durch das Bilderbuchstädtchen Alsfeld unternehmen werden, ging es dann durch die Kulturlandschaft der Wetterau und die sanften Höhen des Taunus nach Bad Nauheim, unweit der Metropole Frankfurt am Main gelegen.

Am Ziel angekommen, im „Hotel Brunnenhof“ nahmen wir Quartier und hatten es, wie sich auch beim reichlichen Frühstück am Sonntag zeigen sollte, gut getroffen. Schon wenig später überließen wir es unseren zwei kompetenten Gästeführern, uns den Sprudelhof nahezubringen. Nicht nur die geologischen Besonderheiten der Salzquellen und die bis in die Bronzezeit reichende Tradition der Salzgewinnung stellten die Verbindung zu Halle her, sondern auch die Badeanlage, die uns immer zu Vergleichen zum Kurbad Wittekind veranlasste. Baugeschichtlich ebenfalls mit dem Namen Wilhelm Jost verbunden und als Denkmal in einer noch problematischeren Lage als der Sprudelhof.

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Eingang Sprudelhof Bad Nauheim

„Mit seinen weiträumigen Grünanlagen und unzähligen kleinen `Natur-Ereignissen‘ ist Bad Nauheim wie geschaffen, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen.“ So die Werbung des Stadtmarketings. Das glaubten wir schon nach dem ersten Augenschein des gepflegten Kurbades mit seinen Gradierwänden, Parks, Kurhäusern und den vielen alten Hotels im Stile vergangener Bäderkultur. Uns aber interessierte ein spezielles historisches Kleinod, der Sprudelhof. Also gingen wir, gewissermaßen am „Tatort“ Wilhelm Josts auf Erkundungstour. Wir erfuhren, dass in den Jahren 1905 bis 1912 der kunstsinnige, aber auch an der wirtschaftlichen Entwicklung seines Territoriums interessierte Großherzog Ernst Ludwig von Hessen einer Gruppe bedeutender Vertreter des Jugendstils den Neubau und die Gestaltung der Bad Nauheimer Badeanlagen übertrug. Jost, der damals am Beginn seiner erfolgreichen Karriere als Architekt stand, verlieh dem Sprudelhof seine unverwechselbare Gestalt. Das gelang ihm durch die perfekte Symbiose von Jugendstilarchitektur und Natur.

Auf unserer dreistündigen imposanten Besichtigungstour enthüllten unsere beiden Gästeführer die architektonischen Schätze und machten uns auf die Feinheiten des Jugendstilinterieurs und die Bedeutung der reichen Symbolik aufmerksam.

Ihre gelungene Regieleistung bestand darin, für uns die Erkundung über die große Freitreppe zu beginnen. Auf einen Blick eröffnete sich uns Symmetrie der Anlage, rechts und links flankiert von zwei prunkvollen kupfergedeckten Uhrtürmen. Die Badehäuser glichen mit ihren einzigartigen Innenhöfen einer fürstlichen Hofanlage. Beeindruckend auch die monumentale Beckeneinfassung mit ihren salzigen warmen Fontänen und als axiale Fortsetzung endlose Parkanlagen.

Wo soll man beginnen und wo enden? Zum einen beeindrucken Schönheit und zugleich Funktionalität der Architektur, zum anderen die künstlerischen, ganz dem Jugendstil verpflichtete Ausstattung mit ihren Mosaiken, Keramiken, schmuckvoll gestalteten Säulen und Wandpfeilern, Masken, Nixen, Wasserfabeltieren, antiken Gottheiten, Terrakottabrunnen… Und überall Wellenornamente und tausende Kohlensäurebläschen in Keramik und Glas gebannt. Für damalige und heutige Betrachter war und ist die Anlage ein wahrer Augenschmaus, die sich als klassisches Jugendstilensemble wohl für immer in unser Gedächtnis eingegraben wird.

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Schmuckhof zu den Badehäusern

Aber bewusst wurde uns jederzeit auch die Kehrseite der Medaille. Der Sprudelhof hat seine ursprüngliche Funktion verloren, er ist gewissermaßen ein musealer Ort, belebt nur von Schaulustigen. Er soll zum Verkauf stehen. Was folgt dann? Welche Parallele eröffnet sich zu Josts Bädern in Halle: Wittekind, Gesundbrunnen oder auch dem Stadtbad? Für letzteres gibt es aber Hoffnung, in diesem Sinne soll auch unsere spontane Spende von 155 Euro in den Fond für dringliche Reparaturarbeiten in der einzigartigen Frauenschwimmhalle helfen.
Mit einem guten Frühstück aufgemuntert hieß es am Sonntag Abschied von Bad Nauheim zu nehmen. Das Wetter zeigte sich nun von der besten Seite, ebenso wie das frühlingshafte Hessische Bergland. Nächste Station: Schloss Romrod. Diese, vermutlich aus dem 12. Jahrhundert stammende Burg, die noch Mitte der 1990er Jahre einen bedenklich desolaten Zustand bot, ist nunmehr ein idealer Ort der Denkmalspflege am Sitz der Akademie der Deutschen –Stiftung Denkmalschutz wird hier seit 2002 Expertenwissen in Themenseminaren und Workshops vermittelt. Am Objekt selbst wird gezeigt, wie verantwortungsvolle zukunftsorientierte Denkmalsanierung erfolgen sollte. So erinnert kontrastierende Pflasterung an den vermutlichen Standort des Bergfrieds, viele Zeitspuren wurden bewusst betont, um historische Brüche kenntlich zu machen. Gelungene Denkmalssanierung und ein lebendiges Denkmal zugleich.

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Schloss Romrod, Sitz der Denkmalakademie

Nach kurzer Busfahrt noch einmal ein kurzes Wiedersehen mit Alsfeld, nun aber im strahlenden Sonnenschein.
Nach kurzer Stärkung ging es zur letzten Exkursionsstation: Bad Hersfeld. Hier empfingen uns wunderschöne Renaissancefachwerkhäuser, die prächtige Stadtkirche und die Statue des Heiligen Lullus, jenes legendären Stadtgründers, dem jährlich am 16. Oktober das Lullusfest gewidmet ist, von dem man behauptet , es wäre das älteste seiner Art in ganz Deutschland.

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Hersfeld Ruine der Basilika

Volkstümlich und festlich wurde es auch für unsere Gruppe, denn ein zünftiges Kaffeepicknick war angesagt. Nach Tradition gab es eine reiche vor allem aber selbstgebackene Kuchenauswahl und vom Busfahrer fürsorglich bereitgestellte Kannen mit Kaffee und Tee. Als „Kaffeetafel diente die Umfassungsmauer der Klosteranlage. Ein imposanterer Ort wäre kaum zu finden: beeindruckende Stiftsruine von Hersfeld, deren Basilika als die heute größte romanische Kirchenruine Europas gilt. Hier wurden wir auch noch einmal an den jenen Heiligen erinnert, der an diesem Ort 769 ein Kloster gründete, das Karl der Große dann zum Reichskloster erhob, deshalb „Vielen Dank Herr Lullus!“.

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Kaffeepicknick an der Stiftsruine Hersfeld

Nun gab es nichts mehr, was die Perfektion der Exkursion hätte übertreffen können. „19. 30 Uhr Ankunft Hallmarkt.“ – wie es im Programm stand, erreichten wir Halle. Eine außerordentlich gelungene Exkursion.

Der Dank gebührt Herrn Voß für die perfekte Planung und dessen umsichtige Reiseleitung, ebenso Frau Levin für die Organisation und vor allem unserem Busfahrer für seine fahrtechnische Leistung und seine umsichtige freundliche Reisebetreuung. Gedankt sei auch den Bäckerinnen, für den Kuchengenuss. Schließlich gilt ein Lob auch allen Vereinsmitgliedern und Gästen, da von ihnen eine ausgesprochen angenehme Atmosphäre der Exkursion getragen wurde.

Text und Bilder
Christina Böttcher


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