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Herbstexkursion am 16.Oktober 2021

Das Waldstraßenviertel, herausragendes Zeugnis des Historismus und Jugendstils in der Gründerzeitmetropole Leipzig

Eine Nachlese von der Organisatorin der Exkursion

Das Waldstraßenviertel ist ein prominentes Wohngebiet nordwestlich des Leipziger Stadtzentrums. Es gilt als größtes geschlossenes Gründerzeitviertel in Deutschland und genießt demgemäß als Flächenarchitekturdenkmal besonderen Schutz. Das Stadtquartier zeichnet sich durch eine Fülle architektonischer Schätze aus. Also ein hinlänglicher Anlass für einen kurzweiligen und lehrreichen Herbstspaziergang durch unsere Nachbarstadt.

Vortragsraum
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Am Sonnabendvormittag fanden sich 22 Vereinsmitglieder am Leipziger Naturkundemuseum als Ausgangspunkt ein, um unter der kenntnisreichen Führung des Stadtteilexperten Herrn Dr. Ullrich Baumgärtel die architektonischen Schätze des Waldstraßenviertels, in dem mehr als 20000 Bürger leben, zu erkunden. Es ging vorrangig um die Architektur aber auch darum, etwas über die Bürger des Viertels zu erfahren. So erhielten einige Wohnhäuser durch den

Vortragsraum

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Bezug zu ehemaligenBewohnern eine besondere Aura: Albin Ackermann-Teubner - Verleger, August Bebel - Mitbegründer der deutschen Sozialdemokratie, Max Beckmann - Maler, Albert Lortzing und Gustav Mahler - Komponisten bzw. Gewandhauskapellmeister, Friedrich Nietzsche - Philosoph, Joachim Ringelnatz - Schriftsteller oder Hans Meyer - Literaturwissenschaftler.

Der Gang durch das Viertel erwies sich als äußerst abwechslungsreich. Prägte das östliche Waldstraßenviertel eine offene Villenbebauung mit beeindruckenden Garteneinblicken, dominierte im westlichen Bereich eine markante geschlossene meist vier Etagen umfassende Wohnbebauung. Besonders beeindruckte die Fülle historistischer oder jugendstilgeprägter Fassaden, exemplarisch die Bauten des Protagonisten des Leipziger Jugendstils Paul Möbius. Leider verborgen, aber in der einschlägigen Literatur gut dokumentiert, blieben die schönen Zeugnisse der Innenarchitektur der Hauseingänge und Treppenaufgänge. Hier hätten wir uns etwas mehr Anschaulichkeit gewünscht.

Das Waldstraßenviertel wurde seit seiner Entstehung Ende des 19. Jahrhunderts stark von jüdischer Kultur beeinflusst, waren doch um bis 1930 über 2500 jüdische Bürger hier ansässig.

Vortragsraum
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Ein beeindruckendes Beispiel für deren Geschichte bot das durch die Ariowitsch-Stiftung finanzierte 1931 eröffnet Israelitische Altersheim in der Hinrichsenstraße. Namensgeber des sogenannten Ariowitsch-Haues war der auf dem Brühl ansässige Rauch-Waren Händler Julius Ariowitsch. Im Sinne des Symbolismus zeigt der Baukörper eine geöffnete Torarolle und als Fassadenoberfläche eine baumborkenartige Struktur. Das architektonisch bemerkenswerte Gebäude steht für historisch dramatische Brüche: Gebaut als Altersheim für ca. 40 Bewohner. Nach 1942 mussten über 350 jüdische Heimbewohner im sogenannten Judenhaus eine letzte unzumutbar gedrängte Zuflucht nehmen. 1943 erfolgte deren Deportation nach Theresienstadt. Die Gestapo beschlagnahmte das Grundstück. Erst 1948 erlangte die israelische Religionsgemeinde ihr Eigentum zurück. Heute befindet sich hier das Begegnungs- und Kulturzentrum der Israelischen Religionsgemeinde in Leipzig.

Wie im Fluge vergingen die 2 Stunden. Gut, dass es nach Leipzig nur ein Katzensprung ist, denn es bietet sich an, das Waldstraßenviertel erneut zu erkunden. Nach einem herzlichen Dank an Herrn Dr. Baumgärtel, bot das 1892/93 errichtete Gartenrestaurant und Cafe´ „Mückenschlösschen“ den richtigen Ort für einen schönen kulinarischen Ausklang.


Dr. Christina Böttcher



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