Exkursionen-Übersicht



Frühjahrsexkursion 2018



Am 5. und 6. Mai 2018 war die Altmark mit den Orten Parey, Schönhausen und Sandau sowie Bad Wilsnack bis Arendsee auf der Agenda von unserem Verein.



Die vom Vereinsfreund, Gotthard Voß, – es war seine 25. - , unterstützt von Frau Dr. Stolze, Frau Thum und Herrn Heynemann, organisierte Frühjahrsexkursion, galt in diesem Jahr der nördlichen Altmark, einer uns Süd-Anhaltern weniger vertrauten Gegend. Das Programm gab einen guten Einblick in diese überreiche Kulturlandschaft.

Die Ziegelei Parey , ein technisches Denkmal, das leider dem Verfall preisgegeben ist, war unser erstes Ziel. Das in der Umgebung vorhandene Tonvorkommen war die Basis zur Herstellung von Ziegeln. In den Fluss-Auen der Elbe war das Tonmaterial so reichlich vorhanden, dass um 1900 in dieser Gegend 16 Ziegeleien damit beliefert werden konnten. Die nahe gelegenen Wasserstraßen, wie der unmittelbar an der Ziegelei vorbeiführende Elbe-Havel-Kanal, ermöglichten nicht nur den kostengünstigen Antransport der Brennstoffe, sondern auch den Abtransport der gebrannten Ziegel. Der am Ufer verlaufende Treidelweg ist heute noch erkennbar.

Die klaren Funktionsabläufe einer Ziegelei sind in Parey trotz des Verfalls noch gut anschaulich

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Reste des Ringbrandofens Parey

zu machen. Im Zentrum der Anlage steht das seltene Exemplar eines Ringbrandofens von 1887/88, der für uns sogar auf eigene Gefahr zu begehen war. Das weitgehend eingefallene Dach überragt der Schornstein als Dominante. Von den ursprünglich wohl 10 Trockenschuppen steht leider nur noch einer, doch wenige Gleise zu ihrer Beschickung können den Zusammenhang erklären. Eine Perspektive zur Nutzung dieses Denkmals gibt es nicht, sodass in absehbarer Zeit nur noch Mauerreste an diese Produktionsstätte erinnern werden.

Zu unserem nächsten Ziel, der Stadt Havelberg, fuhren wir an wichtigen Denkmalen der Straße der Romanik vorbei, der Klosterkirche in Jerichow und den Kirchen in Schönhausen und Sandau. Wegen der fortgeschrittenen Zeit war für uns ein Eindruck von der geschlossen

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Klosterkirche Jerichow

erhaltenen Inselstadt nur aus dem Bus möglich. Durch den romanisch-gotischen Dom mit seinem breitgelagerten Westturm aus Grauwackehaustein und dem aus Backstein errichteten Langhaus zusammen mit der Klausur wurden wir von der Museumsleiterin, Frau Reichel, geführt, die uns im Innenraum besonders auf die mittelalterlichen Buntglasfenster im nördlichen Seitenschiff und den Lettner mit seinen ausdrucksstarken Reliefs hinwies.

Zum Mittagessen mit der traditionellen Suppe waren wir Gast beim Verein „denkmal und leben“, der mit großem Einsatz eine der ehemaligen Domkurien, ein Fachwerkhaus, in der Domherrenstraße saniert hat und es heute durch kulturelle Veranstaltungen bis hin zur Stadtbibliothek mit Leben füllt. Die Berichte über die Arbeit dieses Vereins haben uns sehr beeindruckt.

Da wegen des zu niedrigen Wasserstandes der Elbe unser Bus nicht von der Fähre übergesetzt werden konnte, um, wie geplant, in Werben die kleine Stadt mit ihrer großen Johanneskirche kennen zu lernen, nahmen wir den Umweg über Wittenberge und hatten dadurch die Möglichkeit, in Bad Wilsnack, für die meisten von uns als Überraschung, die ungewöhnlich große Wallfahrtskirche St. Nikolai zu besichtigen.

Von der Größe und landschaftlich schönen Lage des Arendsees konnten wir uns bei einer geruhsamen Schifffahrt überzeugen, unsere bisherigen vielen Eindrücke sich setzen und über den Sonderling und Naturmenschen Gustav Nagel berichten lassen, der hier geboren wurde und,

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Wallfahrtskirche St.Nikolai in Bad Wilsnack

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Klosterkirche Arendsee

nach einem bewegten Leben für seine Überzeugungen, auch hier 1952 gestorben ist. Die romanische sehr klar gegliederte Klosterkirche des ehemaligen Benediktinerinnen-Klosters gehört zur Straße der Romanik.

Zur Übernachtung hatten wir uns im „Wolfshotel am Arendsee“ im Dorf Kläden , einem westlichen Vorort von Arendsee, einquartiert. Der Sonntag begann nach kurzer Fahrt in Salzwedel mit der Besichtigung der Kirche St. Katharinen, die nach einer Instandsetzung während der letzten Jahre einen erfreulichen Eindruck hinterlässt. Vor der Kirche erinnert ein Denkmal an Friedrich Gartz, den Gründer der Salzwedeler Liedertafel vor 175 Jahren.

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Eine Stadtansicht von Salzwedel

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Katharinenkirche in Salzwedel

Die in Alt- und Neustadt zweigeteilte Stadt wird von der Jeetze durchflossen und ist durch ihre 600 erhaltenen Fachwerkhäuser, durch mittelalterliche Monumentalbauten und einige verhältnismäßig große Schulgebäude aus der Zeit um 1900 geprägt. In diese Reihe gehört das ehemalige Mädchen-Lyzeum (erbaut 1903-1905) mit seiner neogotischen Fassade, deren wechselvolle Geschichte und heutige Nutzung uns bei einer sehr fachkundigen Führung erläutert wurde. Während des 2. Weltkrieges diente die Schule als Lazarett, ab 1950 als Pionierhaus und ist heute, nach vielen Jahren des sich auf die Bausubstanz negativ auswirkenden Leerstandes, Bestandteil der Kunststiftung, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Haus vielfältig kulturell zu nutzen. Zum Anlass der Sanierung und zur besonderen Attraktion des Hauses ist eine Sammlung als Dauerleihgabe mit Druckgrafiken der klassischen Moderne deutscher Künstler aus dem Bestand eines texanischen Sammlers geworden. Das wirklich vorzeigbare Ergebnis ist als denkmalpflegerische und auch gesellschaftliche Leistung hoch zu bewerten und anzuerkennen.

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Mädchenlyzeum in Salzwedel

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Die zur Konzerthalle umgewidmete Mönchskirche

Das nächste zu besichtigende Gebäude war die Kirche des ehemaligen Franziskaner-Klosters, die sogenannte Mönchskirche, die mit ihrer Firsthöhe von 34 m aus vielen Richtungen ein städtebaulicher Blickpunkt ist. Nach längerem Leerstand, die Kirchengemeinde hatte sie Anfang der 60er Jahre aufgegeben und danach die Stadt als Lagerhalle genutzt, wurde das Gebäude im Rahmen der Vorbereitung zu den Arbeiterfestspielen 1986 zu einer Konzert- und Ausstellungshalle umfunktioniert, einer Nutzung, die sich bis heute bewährt. Während der engagierten Erläuterungen erfuhren wir, dass die sehr umfangreiche deutsche Orgellandschaft in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde.

Nach einem kurzen Aufenthalt in der romanischen katholischen Lorenzkirche, die in den 50er Jahren und erneut vor wenigen Jahren saniert und restauriert wurde, was sich wegen der hohen Salzbelastung, nach der jahrhundertelangen Salzlagerung, bis heute als sehr schwierig gestaltete, besuchten wir, gleichsam als vorletzten Höhepunkt, die Marienkirche. Ihre wechselvolle Geschichte mit zahlreichen Um- und Zubauten und ihrer einmalig umfangreichen und während der letzten Jahre sorgfältig restaurierten Ausstattung, wurde uns von Frau Pfarrerin von Biela, nicht nur bau- und kunsthistorisch, sondern auch inhaltlich sehr einfühlsam erläutert und verständlich gemacht. Durch die sogenannte Bauteil-Temperierung, beschickt mit Warmwasser aus Erdwärme, ist es im Innenraum erfolgreich gelungen, ein Aufsteigen von Bodennässe in der Sockelzone zu verringern.

Zum Abschluss und letztem Höhepunkt unserer Reise besuchten wir die Dorfkirche in Osterwohle, die als Feldsteinbau in ihrem Kern noch aus dem 13. Jahrhundert stammt und 1620 mit überreich gestalteten und ungefassten, d.h. unbemalten, Schnitzereien aus Lindenholz ausgestaltet wurde, ein in Deutschland sicher einmaliger und deshalb auch viel besuchter Innenraum. Ein Ehrenamtlicher aus dem Dorf hat uns sehr engagiert die künstlerische Leistung bis in die Details erläutert und es dabei nicht versäumt, uns auf die geteilten Emporen für Männer und Freuen hinzuweisen. Zum Schutz der hölzernen Ausstattung ist für die nächsten Jahre die Begasung des Innenraumes geplant, eine inzwischen vielfach erfolgreich angewendete Methode zur Schädlingsbekämpfung im Holz.

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Dorfkirche in Osterwohle

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Die Schnitzereien im Innenraum der Dorfkirche



Im die Kirche umgebenden Garten konnten wir das schon zur guten Tradition gewordene Kuchen-Buffett aufbauen und im lockeren Gespräch längere Zeit verweilen, bevor wir mit vielen neuen Eindrücken angefüllt, wie dem großen ehrenamtlichen Engagement zum Bewahren der Leistungen unserer Vorfahren, die Rückreise antraten.

Text:Voß/Becker
Bilder:Becker



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